Profitgetriebene Abbrüche stoppen! Mehr Altbau und Altbaum
Zwischen 2007 und 2019 wurden 392 Wiener Zinshäuser abgerissen. Damit entsteht nicht nur ein erheblicher Schaden für das Stadtbild, es werden auch leistbare Wohnungen, die im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes liegen, für immer zerstört. Wir fordern im Sinne der Mieter:innen sowie des Klimaschutzes: Profitgetriebene Abbrüche stoppen!
„Wirtschaftliche Abbruchreife“ – so lautet die in den vergangenen Jahren immer wieder vorgebrachte Begründung, wenn es um die Abbrüche von Bauwerken geht. Dabei müssen nicht selten schöne Zinshäuser sowie alte Villen mit großem Altbaumbestand zugunsten luxuriöser Eigentumswohnungen weichen.
Statt dies achselzuckend hinzunehmen, müssen wir auf jeden einzelnen Fall einen genaueren Blick werfen. Schließlich wurde vor fünf Jahren die Bauordnung für Wien mit dem Ziel novelliert, Abbrüche von alten Gebäuden sowie jenen in Schutzzonen, zu regulieren und zu erschweren. Jedoch entwickelt sich § 60 (1) lit. d* letzter Satz immer mehr zu einem Schlupfloch: Wirtschaftliche bzw. technische Abbruchreife werden dort als Ausnahmetatbestände geführt, die einen Abbruch rechtfertigen. Ob die entsprechenden Entscheidungen wirklich objektiv getroffen werden, ist aber immer häufiger zu bezweifeln – vor allem, wenn sich die zuständige Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung) auf das Wort von privaten Gutachtern, welche die Abbruchpläne der Besitzer und Investoren stützen, verlässt.
Im vierzehnten Bezirk sind nach dem Abbruch schöner alter Villen – zum Beispiel in der Freyenthurmgasse – derzeit u.a. folgende Adressen betroffen:
- Anzbachgasse 69
- Kendlerstraße 31
- Linzer Straße 83 und 338
- Franz-Schubert-Straße 8
- Hochsatzengasse 40
Oft wird ganz klar die Bewilligungspflicht für den Abbruch von Gebäuden, die vor 1945 errichtet wurden, umgangen. Die Behörden müssten also umgehend einschreiten und profitgetriebene Abbrüche stoppen! Und dies nicht im Sinne von Bauwerber:innen, die auf einem Grundstück statt einer Villa mit Altbaumbestand lieber freifinanzierte Eigentumswohnungen sehen. Dass hier so gut wie immer gesunde alte Bäume gefällt und Gärten größtenteils versiegelt werden, um die maximale Kubatur und Anzahl der möglichen Bauten zu erreichen, macht die ganze Thematik auch aus der Perspektive des Klimaschutzes sehr relevant.
Wien wächst und es wird Wohnraum gebraucht – das ist uns natürlich bewusst. Wir sprechen uns allerdings dagegen aus, dass wertvolle Altbauten sowie Baumbestände geopfert werden, um mit Luxuseigentumswohnungen Profit zu erzielen. Besonders bedauerlich ist, wenn es sich um von der Mietpreisregulierung betroffene Zinshäuser handelt, da dadurch günstige Mietwohnungen dem Markt verloren gehen. Wir vermissen in Penzing zusehends den Bau geförderter Mietwohnungen und neuer Gemeindebauten. Wo ist das „Rote Wien“, das sich heute immer noch auf den sozialen Errungenschaften der Vergangenheit ausruht?
*Der Gesetzestext lautet: „Abbrüche von Bauwerken in Schutzzonen und Gebieten mit Bausperre sowie der Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, wenn der Anzeige des Abbruchs gemäß § 62a Abs. 5a keine gültige Bestätigung des Magistrats angeschlossen ist, dass an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht. Für Bauwerke in Schutzzonen und Gebäude, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden, darf die Abbruchbewilligung nur erteilt werden, wenn an der Erhaltung des Bauwerkes infolge seiner Wirkung auf das örtliche Stadtbild kein öffentliches Interesse besteht oder sein Bauzustand derart schlecht ist, dass die Instandsetzung technisch unmöglich ist oder nur durch wirtschaftlich unzumutbare Aufwendungen bewirkt werden kann.“
Mehr zum Thema findet ihr hier und hier